DAS HAUS: DER ZUFLUCHTSORT IN DEN JAHREN 1943-44

Die Umgebung: Die Dörfer Izieu und Brégnier-Cordon

Leiterin des Kinderheims
Sabine Zlatin
« Wir kamen mit dem LKW an, nicht mit dem Bus, sondern mit dem LKW; und ich weiß noch wie Reifman vom LKW sprang und sagte: „Was für ein Paradies!“ »

Izieu ist ein Dorf der Region Bugey, im Département Ain, weit weg von den großen Verkehrswegen, das ein schönes Panorama über das Chartreuse-Gebirge und den Norden des Vercors-Gebirge bietet. Der Weiler Lélinaz, in dem sich der Zufluchtsort befand, liegt auf halbem Weg zwischen den Dörfern Izieu und Brégnier-Cordon.

Damals gehörte das Dorf zur italienischen Besatzungszone. Am 11. November 1942 fiel die deutsche Armee als Reaktion auf die alliierten Landungen in Nordafrika in die unbesetzte Zone im Süden Frankreichs und in Tunesien ein. Die Italiener wiederum besetzten die acht Departements am linken Rhôneufer, von den Hochsavoyen bis nach Korsika. In diesem Gebiet treten die italienischen Behörden gegenüber Juden wohlwollend auf. Dementsprechend wird es für viele von ihnen zu einem Zufluchtsort.

Auf Wunsch des Präfekten des Hérault (der Region bei Montpellier), der sich der Rettung jüdischer Kinder verschrieben hatte, brachen Sabine und Miron Zlatin im Frühjahr 1943 mit einigen Kindern in den italienisch besetzten Teil des Ain auf. Sie werden an Pierre-Marcel Wiltzer, den Unterpräfekten von Belley, verwiesen. Mit seiner Hilfe ließen sie sich mit den Kindern in einem großen Haus im Dorf Izieu nieder.

Die Einrichtung des Kinderheims erfolgte mit Unterstützung der Unterpräfektur Belley. Das Kinderheim war weder versteckt noch geheim. Nach und nach wurde der Alltag organisiert und die Mitglieder des Hauses richteten sich in dieser ländlichen Umgebung ein. Es werden Beziehungen zu Anwohnern und Verbindungen zu Institutionen geknüpft.

Unterpräfekt von Belley
Pierre-Marcel Wiltzer
« Hier werdet ihr in Ruhe gelassen »

Mit diesen Worten begrüßte der Unterpräfekt von Belley, Pierre-Marcel Wiltzer, Sabine Zlatins Entscheidung, Anfang Frühjahr 1943 ein Haus im Weiler Lélinaz zu beziehen, um dort das Heim der Flüchtlingskinder des Hérault einzurichten.

Der Ort scheint eine echte Insel des Friedens fern der Konflikte und Verfolgungen zu sein. Während die jüngsten Kinder unter der plötzlichen Trennung von ihren Eltern leiden, von denen sie in manchen Fällen keinerlei Nachrichten erhalten, glauben sich Jugendliche und Erwachsene hier sicher.

Die Bewohner des Dorfes und der Umgebung sind sich der Anwesenheit dieser jüdischen Kinder in Izieu bewusst.

 

Die Nachbarn:

Die Beziehungen zur Familie Perticoz, deren Hof an das Kinderheim angrenzt, sind sehr gut. Der Sohn Aimé sowie der Landarbeiter Julien Favet knüpfen Kontakte zum Kinderheim. Am Morgen bringen die Kinder Julien sein Essen auf die angrenzenden Felder.

 

Die Dörfer:

Um die Versorgung zu gewährleisten, bezieht Miron Zlatin hauptsächlich Vorräte aus der unmittelbaren Umgebung des Kinderheims, wovon die Familiennamen in seinen Buchhaltungunterlagen zeugen. In Brégnier-Cordon liefert das Süßwarengeschäft Bilbor Lebensmittel.

Yvette Benguigui ist die kleine Schwester der drei im Kinderheim anwesenden Benguigui-Brüder. Als Zweijährige ist sie zu klein, um gemeinsam mit ihren Brüdern untergebracht zu werden, weshalb sie bei Familie Héritier unterkommt, die im Dorfzentrum von Izieu lebt. Frau Héritier kümmert sich um die Wäsche des Kinderheims. Ihre Tochter Jeannette ist im selben Alter wie Yvette.

Unabhängig von dem Kinderheim wurden zwei weitere jüdische Kinder im Dorf bei der Familie Borgey untergebracht.

Alle drei entkamen der Razzia vom 6. April 1944.

Einige Leute im Dorf erinnern sich, dass sie als Kinder manchmal mit den Heimkindern spielten.

In Brégnier-Cordon gibt es eine Gendarmeriebrigade. Mindestens dreimal warnt ein Gendarm Erwachsene im Kinderheim vor einer womöiglich drohenden Gefahr.

Deshalb verließen die Erzieher Serge und Rachel Pludermacher das Kinderheim. So auch Paul Niedermann, der für seine 16 Jahre sehr groß war, und womöglich als vermeintlicher Deserteur des Pflichtarbeitsdienstes (STO) Aufmerksamkeit erregt hätte.

Im August 1943 stellte die Gendarmerie Brégnier-Cordon Léon Reifman einen Passierschein aus, der es ihm ermöglichte, Izieu zu verlassen und sich damit der Einziehung zur den Juden auferlegten Zwangsarbeit (Organisation TODT) zu entziehen.

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